Radyweg Poysdorf, © Weinviertel Tourismus / Michael Liebert

G'schichteln rund um die Kellergassen

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Anekdoten, Sagen und Geschichten.

Um die Weinviertler Kellergassen ranken sich die verschiedensten Geschichten, Anekdoten und Sagen. Sie handeln von den Kellermännern (Köllamauna), den verschiedenen Bräuchen und Begebenheiten: Heiteres, Merkwürdiges, Interessantes und manchmal auch Nachdenklichstimmendes können Sie hier finden.

Arbeiten in der Kellergasse
Die Kellergasse war früher eine Männerdomäne. Die Frauen waren dort nur im Frühjahr beim „Kellerweiß’n“ und im Herbst beim „Pressg’schirr“-Waschen zu finden. Die aus Holz gefertigten Gegenstände wie Presskorb, Bottiche, Schafferl und Gießkorb usw. wuschen die Frauen mit kaltem Wasser und Reisstrohbürste ab.
Der Schmied bekam für das Schärfen der Scheren, Hauen und Hacken einen aliquoten Anteil an Traubenmost zur Zeit der Weinlese. Er hatte zu diesem Zweck einen Drei- oder Viereimer auf sein Leiterwagerl geladen und zog abends von Keller zu Keller, um sein „Honorar“ einzusammeln. Das war immer eine feierlich-fröhliche Zeremonie: „Da Moasta kimmt!“. Sonstige Schmiede-Arbeiten wie Pferdebeschlagen, Wagenbeschläge, Häfen-Flicken, Fassreifen etc. mussten bar bezahlt werden.
Quelle: Kellergassenbeschreibung Falkenstein, Maria Körner; kellergassenerlebnis.at

Der Blitzwein
1953, in einem Jahr, als die Weintrauben nur sehr schlecht reiften und sauer waren, stellte ein Winzer nach den Pressarbeiten fest, dass ein Fass nur bis zu zwei Drittel voll war.
Nachdem er nach Hause gegangen war kam in der Nacht ein schweres Gewitter auf. Die Dachrinne des Presshauses war mit Blättern verstopft, lief über und das Wasser ergoss sich in den Gait. Da der „Graund“, das Auffangbecken für den Traubenmost bei der Presse noch mit einem Schlauch mit dem noch nicht vollen Fass verbunden war, lief das Wasser in das Fass. Als der Winzer am nächsten Tag in den Keller ging, stellte er zu seiner Verwunderung fest, dass das Fass plötzlich voll war. Die Ursache dürfte er dann wohl aber bemerkt haben.
Im Frühjahr, als der Finanzkontrolleur den Weinstand überprüfte und, wie es dabei üblich war, auch den Wein verkostete, kam zuletzt zu besagtem Fass. Dem Weinbauern war dabei wohl unbehaglich zumute. Bisher hatten der Kontrolleur nur sauren Wein des Jahrganges 1953 kosten können. Er nippte am Glas. Seine Gesichtszüge erhellten sich und er kostete ein zweites Mal. Schließlich trank er das Glas zur Gänze aus. Dann sprach er: „Endlich ein Wein den man trinken kann!“
Er stellte die Weinmenge fest und bat den Winzer, er möge ihm doch noch ein Glas voll einschenken, da er schon seit langem keinen so guten und süffigen Wein mehr getrunken habe.
Sollte der Wein seither einmal etwas dünner schmecken, so kann es vorkommen, dass die Götzendorfer Winzer von einem Blitzwein sprechen.
Quelle: Kellergassenbeschreibung Velm-Götzendorf, Raphael Dörfler LFS Mistelbach; kellergassenerlebnis.at

„Dunstrausch“
Bis etwa 1950 gab es eine besondere Art des „Weinladens“. Damals gab es noch keine Schläuche und Pumpen in den Weinkellern. Der Wein musste, wenn er verkauft wurde, händisch ans Tageslicht befördert werden. Er wurde vom Fass mit Hilfe einer Holzpipe in Viertelschaffeln gefüllt, ein hölzerner Kübel mit 14 Litern Fassungsvermögen. Dann wurde vom Fass weg eine Kette von Helfern formiert, die diese Schaffeln bis zum Fuhrfass am Weinwagen vor dem Presshaus weitergaben, in das der Wein dann geleert wurde. Benedikt O. war zu jener Zeit ein angesehener Winzer in der Region und verkaufte seinen gesamten Wein an Wiener Wirtsleute. So war es an einem luftigen Frühlingstag wieder einmal so weit, dass er eine Ladung Wein in die Großstadt liefern musste. Helfer waren schnell gefunden, auch der junge Koloman A. durfte bei dieser ehrenwerten Tätigkeit das erste Mal dabei sein. Er beobachtete mit Verwunderung, dass die anderen erfahrenen „Kellermänner“ sich vor dem Betreten der Kellerröhre alle verstohlen ein Glas in die Tasche ihrer blauen Arbeitshose steckten. Kaum hatten sich die Männer in einer Kette bis zum Weinwagen formiert, schlug der Winzer Benedikt O. mit ehrfürchtigem Blick das Fass an und füllte den ersten Vierteleimer mit seinem köstlichen Tropfen. Wichtig dabei war, dass er nicht zu voll gefüllt wurde, um ja nichts von dem wertvollen Wein zu verschütten. Es dauerte nicht lange bis Koloman A. die Lösung des Glasrätsels klar wurde: Sobald Benedikt O. seinen Blick dem Fass und nicht den Helfern zuwandte, nahmen diese behände ihr Glas aus der Tasche und füllten es mit Wein bevor sie das Viertelschaffel an ihren Nachbarn weitergaben.. Doch war es ein Wettlauf mit der Zeit: Die erfahrenen Helfer mussten mit sehr schnellen Schlucken das Glas leeren um nicht die Aufmerksamkeit des Besitzers auf sich zu lenken. Dieses Schauspiel wiederholte sich Dutzende Male an diesem Frühlingsvormittag. Gegen Mittag verließen die Helfer den Keller, doch war ihr Gang wegen des Weinkonsums von äußerster Unsicherheit gekennzeichnet.
Benedikt O. war sprachlos: Er wusste, dass es Tage gab, an denen die Kollegen nicht so viel vertrugen, aber dass sie vom Dunst des Weines allein so einen Rausch bekommen hatten, wunderte ihn dann doch sehr. Er hatte nämlich keinen.
Quelle: Kellergassenbeschreibung Pillichsdorf, Wolfgang und Regina Gössinger; kellergassenerlebnis.at

Eine abenteuerliche Heimfahrt
Einige Wochen nach der Weinlese und dem Pressen geht es auch in der Föllimer Kellergasse stürmisch zu. Manchmal zu stürmisch, wie nachstehende Geschichte zeigt:
Mit seinen damals 76 Jahren war der Leisser Sepp als verantwortungsbewusster Köllamaun stets darauf bedacht, während der Sturmzeit niemals allein in die Kellerröhre hinabzusteigen. Allzu viele Unglücksfälle mit Gärgasen zeigen, dass man nie vorsichtig genug sein kann. Es muss aber täglich kontrolliert werden, ob sich der Wein richtig entwickelt. So machte sich auch der Sepp immer mit einem seiner Söhne – meist dem Wickerl, der die Wirtschaft übernommen hatte – auf den Weg, um der wichtigen Aufgabe des Sturmkostens nachzukommen.
Nach und nach werden dabei die Fässer durchgekostet. Wie so häufig kamen eines Abends Gäste dazu. Dabei wurden einige Krüge Sturm geleert. Im Laufe des Abends wurde den Anwesenden bewusst: bis zum nächsten Jahr würde man keinen so guten Sturm mehr kosten können. So wurde es immer später und der Alkohol tat seine Wirkung. Nachdem die Gäste gegangen waren, machten sich Sepp und sein Sohn Wickerl, mit dem Traktor auf den Heimweg. Der das Fahrzeug lenkende Sepp war aufgrund seines Zustandes und der fortgeschrittenen Stunde mitunter unkonzentriert und verwechselte oftmals die Gangschaltung des neuen mit der des alten Traktors. Somit fuhr er anstatt im 3. im 4. Gang los. Entsprechend rasant musste er daher von der Kellergasse im rechten Winkel auf die Hauptstrasse einbiegen. Wickerl, der auf der Ackerschiene des Anhängers stand, rechnete nicht mit der Fliehkraft, die beim Kurvenfahren auftritt. Prompt musste er diesen Kräften nachgeben und fiel vom Traktor auf die Fahrbahn. Obwohl der Schrei, den er dabei ausstieß, nicht definierbar war, machte sich Sepp doch seinen Reim darauf und blieb stehen. Die Fahrt konnte daher ohne weiteres fortgesetzt werden. Über dem Hintausweg steuerte Sepp dem eigenen Anwesen zu. Gewöhnlich wurde der Traktor im Schuppen neben dem Stadel außerhalb des Hintausweges abgestellt. Manchmal, wenn die Mühen des Tages schon besonders drücken, wird der Traktor aber auch gleich innerhalb dieses Weges im Freien vor dem Wirtschaftsgebäude abgestellt. Wickerl rechnete fest mit der zweiten Möglichkeit, demnach sein Vater nach links einbiegen musste. Sepp wiederum war auf ein ordentliches Abstellen des Traktors im wettergeschützten Schuppen bedacht. Während sich nun Wickerl – eingedenk der vor kurzem erhaltenen Lehrstunde über Fliehkräfte – ebendiesen Vorschub leistete und sein Körpergewicht dabei stark nach links verlagerte, lenkte Sepp mit der ihm eigenen flotten Routine den Traktor nach rechts Richtung Schuppen. Ergebnis: Wickerl hatte abermals keine Chance gegen die Fliehkräfte, flog in hohem Bogen auf die Wiese vor dem elterlichen Anwesen. Dabei einen Purzelbaum schlagend stand er relativ schnell wieder auf den Beinen. Den Schwung ausnützend ging er gleich weiter zum Wirtschaftsgebäude um dort zu den Wohnräumlichkeiten zu gelangen. Der Vater steuerte unbeirrt dem Schuppen zu, verschätzte sich jedoch beim Einparken und blieb zu knapp neben der Seitenwand stehen. Ein Öffnen der Ausstiegstür war dadurch nicht möglich. Da er nicht nochmals starten und neu einparken wollte, kletterte er einfach durch das rückwärtige Fenster aus dem Traktor. Eingedenk der Folgen, eine Fehlentscheidung: Beim Hinuntersteigen im finsteren Schuppen rutschte er aus und fiel mit dem Oberkörper auf die Ackerschiene – eine schmerzhafte Rippenprellung erinnerte ihn noch Tage (und Nächte!) an die Sturmkost. Auch Wickerl kam nicht ungeschoren davon. Am nächsten Tag klagte er seiner Mutter, dass von der Schulter abwärts alles schmerzte. Darauf meinte die Mutter, deren Mann Sepp schon in der Nacht sein Leid geklagt hatte: „Wos, Du a? Wo is`n da jetzt da Traktor, won’s es ole zwa owagfolln seid’s?“
Quelle: Kellergassenbeschreibung Föllim, Anton Leisser; kellergassenerlebnis.at

Der Hochzeitswein
Ein Weinbauer ging einmal mit seinem zukünftigen Schwiegersohn in seinen Keller, um über die zukünftige Eheschließung zu sprechen.
Der junge Mann mochte gerne eine gute Partie heiraten und der Weinbauer mochte seine einzige Tochter endlich unter die Haube bringen. Der künftige Bräutigam dachte sich: “Wenn ich herauskriege, dass genug Wein im Keller ist, dann kann ich mich auf die Hochzeit einlassen, ansonsten kein Wein – keine Heirat!“ Der zukünftige Schwiegervater aber hatte alles vorbereitet, da er ahnte, was der Bursche vorhatte. In seinem Keller reihte sich Fass an Fass. Eine stolze Menge. Nur zu gerne würde jetzt der künftige Bräutigam an die einzelnen Fässer klopfen, um zu sehen, ob sie alle voll sind. Aber er wusste natürlich, dass man das in einem fremden Keller nicht tun darf. Der künftige Schwiegervater eröffnete das Gespräch. Dann kommt die Frage: „Trink ma amoi?“ „Jo trink ma“, antwortete der künftige Schwiegersohn. „Wos fia an wüst denn?“ fragt der künftige Schwiegervater. Fieberhaft überlegte der künftige Bräutigam, wie er es anstellen sollte, dass er mit diesem Angebot die gelagerte Menge überprüfen könnte. Ungefähr in der Mitte der Fassreihe bemerkte er ein besonders großes Fass. „Wenn man aus den kleineren Fässern Wein entnimmt“; so sein Gedanke, „dann werden diese sicher mit dem Wein aus dem großen aufgefüllt. Wenn also in dem großen Fass noch Wein ist, dann müssen alle anderen Fässer auch voll sein!
Somit zog der Weinhauer den mitgebrachten Heber nach dem Wunsch des Burschen mit Wein aus dem großen Fass halb voll. Nachdem sie gekostet hatten, wurde der Hochzeitstermin festgelegt und alles vorbereitet. Nach der Hochzeit übergab der Weinbauer, weil das so Brauch ist, den Kellerschlüssel seinem frischgebackenen Schwiegersohn. Noch vor der Hochzeitsnacht begab sich der junge Kellerbesitzer in den Keller. Er wollte seine neu gewonnenen Schätze begutachten und noch einen Schluck von dem Fass nehmen, mit dem sein Glück angefangen hatte. Auf dem Weg zu dem großen Fass in der Mitte, klopfte er – als Besitzer durfte er das jetzt – beim Vorbeigehen an das erste Fass. Nach mehrmaligem Klopfen bestand kein Zweifel: der Ton verriet, dass das Fass so gut wie leer war. Anfangs noch mit dem Gedanken behaftet, der Schwiegervater hätte sich ein wenig von seinem Wein zur Seite geräumt, überprüfte er auch die anderen Fässer. Doch alle schienen leer zu sein. Zum Schluss blieb nur mehr das große Fass in der Mitte. Jedoch erzeugte auch hier das Klopfen einen hohlen Ton. Als er nachschaute entdeckte er unter dem Spundloch nur ein kleines „Bitterl“ mit einigen Litern Wein und eine Notiz mit den Worten: „G’heirat’ is g’heirat’! Und so begab sich der junge Mann „ernüchtert“ nach Hause.
Quelle: Kellergassenbeschreibung Wullersdorf, Mag. Ulrike Hauer-Lachout, kellergassenerlebnis.at

Wer ist Kellerbesitzer?
Die meisten Keller sind im Grundbuch nicht erfasst. Als Besitzer des Kellers gilt immer jene Person, welche den Kellerschlüssel besitzt. Die Übergabe dieser wichtigen Utensilie erfolgte oft erst auf dem Sterbebett und führt in der heutigen Zeit, oft zu rechtlichen Unsicherheiten. So kann vor Gerichten häufig nicht nachgewiesen werden, wer der/die rechtsmäßige BesitzerIn der Anlage zu welchem Zeitpunkt war.
Quelle: Kellergassenbeschreibung Großebersdorf, Josef Löw; kellergassenerlebnis.at

Kellerfrischen
Früher gingen die Hausherren zur Jause vom Acker um den „Kellerfrischen“. Beim Zurückgehen trafen sie einen anderen Hausherrn, der dasselbe vorhatte. Sie plauderten, setzen sich am Wegrand nieder und tranken bis die Flasche leer war. So mussten sie gemeinsam wieder umkehren und wieder frischen Wein holen. Es dauerte dann oft 2 Tage und 2 Nächte bis sie wieder nachhause kamen (Hausherrin, Magd und Knecht mussten einstweilen Wasser von der Quelle trinken).
Quelle: Kellergassenbeschreibung Ameis, Erwin Neydhart kellergassenerlebnis.at

Kellerschlüssel als Initiationssymbol
Der Winzer ging in früheren Zeiten auch mit dem Kellerschlüssel zu Bett und verhinderte somit, dass die jüngeren Hausbewohner sich des Schlüssels bemächtigten und im Keller ohne sein Wissen ein Trinkgelage veranstalteten konnten. Wenn er einmal übergeben worden war, festigte der große Kellerschlüssel die soziale Stellung des Burschen unter seinen Kameraden. Er konnte sie nun zu Kellerpartien einladen, wie es der Vater bei den Männern tat; zum Teil war der Kellerbesuch das Nachspiel zur Burschenaufnahme.
Quelle: Kellergassenbeschreibung Niedersulz, Markus Wiesinger, LFI MI; kellergassenerlebnis.at

Die Zeit im Weinkeller
Es wird erzählt, dass es beim Wein immer kurzweilig ist und man daher die Zeit leicht übersieht. So kann es gut passieren, dass aus einem kurzen „Achterl“, welches man gemeinsam trinken wollte, mehrere Flaschen werden und sich das Zeitgefühl verlangsamt. So ist es nicht selten auch einigen Weinhauern ergangen, die beieinander im Keller gesessen sind. So auch in dieser lauen Sommernacht: nach den Mühen des Tages traf man sich in der Kellergasse und trank noch ein Glas Wein zusammen. In der Nacht kam ein heftiges Gewitter auf, was aber die lustige Kellerrunde aufgrund ihrer guten Unterhaltung nicht bemerkte. Ausgerechnet in dieses Presshaus schlug der Blitz ein und das Dach fing sofort Feuer.
Zwei Weinhauer, die sich in diesem Moment zwei Keller weiter oben befanden bemerkten dies und liefen zu dem brennenden Keller, um die Winzer zu warnen.
Als sie die Tür des Presshauses aufrissen und riefen: „es brennt! Es brennt“, wurden sie von den vier Kellermännern unten ausgelacht, weil diese an einen Scherz glaubten. Sie hatten aber Glück im Unglück. Die beiden anderen hatten die Feuerwehr gerufen und der Brand wurde noch rechtzeitig gelöscht, bevor er mehr Unheil anrichten konnte.
Quelle: Kellergassenbeschreibung Pillersdorf, Thomas Buchmayer; kellergassenerlebnis.at

Der Kindergarten in der Kellergasse
Aus den Erzählungen der Väter und Großväter weiß man, dass es in früheren Zeiten im Winter üblich war, dass sie ihre Kinder und Enkel am Morgen in den Kindergarten brachten, der sich in der Mitte der Kellergasse befand. Den Vormittag verbrachten sie dabei immer in einem anderen Keller bei Verkostungen. Mittags holten sie ihre Kinder wieder ab und gingen mit ihnen nach Hause.
Quelle: Kellergassenbeschreibung Falkenstein, Anna Luckner kellergassenerlebnis.at

Die unfreiwillige Köllastund
Wie das Wetter morgen wird, was der Pfarrer so lange gepredigt hat und wie viel das neue Pferd des Nachbarn gekostet hat, das alles waren wichtige Themen, die an jenem Herbstabend detailreich von den sechs „Kellermännern“ in der Kellerröhre besprochen wurden. Dennoch waren sie sich an jenem Tag einig, dass es nicht lange dauern würde bis sie zu den geliebten Ehefrauen in die gute Stube heimkehren würden. Und während sie sich unterhielten, ließ sie plötzlich ein wohlbekanntes Geräusch aufhorchen: ein Schlüssel wurde im Schloss umgedreht. Jemand hatte die Kellertür zugesperrt und den Schlüssel abgezogen. Zugesperrt. Eingesperrt. Da hatte sich jemand einen üblen Scherz erlaubt.
Einer der Männer lief sofort, schon mit etwas schweren Beinen, die Stiegen zur Türe hinauf und versuchte sie zu öffnen. Aber vergeblich. Der Schreck fuhr allen in die Glieder. Verstört und hektisch berieten sie, was nun zu tun sei, denn ohne Schlüssel wieder herauszukommen war kaum möglich.
„Tür aufbrechen!“, rief einer. Dieser Idee konnte der Besitzer des Kellers allerdings wenig abgewinnen, denn dies hätte großen Schaden an Schloss und Tür bedeutet.
Die Fenster waren sehr klein und außerdem vergittert, sie eigneten sich bestenfalls als Fluchtweg für eine Maus. Ein anderer Weinbauer kam auf die Idee über den Pressbaum durch das Spindelloch in der Holzdecke zu klettern. Doch ein kurzer Blick auf ihre wohlgenährten Bäuche und ein weiterer auf das schmale Spindelloch ließ dieses Unterfangen aussichtslos erscheinen. Niemand wollte das Risiko eingehen in dem engen Loch stecken zu bleiben und zum Gespött der gesamten Ortschaft zu werden. „Stell dir vor, unsere Dorftratschen würde es allen erzählen“, gab einer zu bedenken. Die angeregten Beratungen konnten natürlich nicht im Trockenen durchgeführt werden. Je mehr Gläser geleert wurden, desto phantasievoller wurden die imaginären Fluchtversuche. Es ist heute unklar, ob es sich um Minuten oder Stunden gehandelt hatte, bis sich alle dem Schicksal fügten, ja ihm sogar manch Positives abgewinnen konnten. „Es gibt Schlimmeres als im Weinkeller eingesperrt zu sein. Man ist mit Wein versorgt und eine hat eine Ausrede, dass man nicht früh nach Hause muss“, meinte einer von ihnen. Die anderen stimmten ihm zu und es wurde noch eine heitere Nacht, die im kollektiven Einschlafen auf der Tischplatte ihr Ende nahm. Kollektiv? Nein, ein pflichtbewusster Jungwinzer hielt die Stellung und als er bei Tagesanbruch den ersten Kollegen durch die Kellergasse gehen hörte, schrie er um Hilfe. Dieser hörte das Rufen und öffnete die Kellertüre – der Retter war niemand geringerer als die „Dorftratschen“. Binnen Stunden wusste das ganze Dorf von dem Missgeschick in der Kellerröhre.
Seit diesem Tag heißt ein ungeschriebenes Kellergassengesetz: Lass nie den Schlüssel an der Außenseite der Presshaustür stecken. Wer damals die sechs Kellermänner eingesperrt hatte ist bis heute ein Rätsel.
Quelle: Kellergassenbeschreibung Pillichsdorf, Wolfgang und Regina Gössinger; kellergassenerlebnis.at

Auch „Köllafrauen“
Einer Frau im Dorf dauerte der Kellerbesuch ihres Mannes immer zu lange. Sie hatte auch die berechtigte Sorge, dass er wieder einmal zu tief ins Glas schauen würde. Sie ging dann in die Kellergasse, um ihn zum Nachhausegehen zu bewegen. Die Kellermänner wussten aber, dass auch sie einem Gläschen guten Weines nicht abgeneigt war und boten ihr ein solches an. Sie schenkten ihr immer wieder Wein nach, mehr als sie vertragen konnte. So ergab es sich, dass nicht die „besorgte Ehefrau“ ihrem „Lumpen“ den Weg nach Hause „weisen“ musste, sondern umgekehrt.
Quelle: Kellergassenbeschreibung Fallbach, Margarete Nagl. kellergassenerlebnis.at

Der Ochse im Keller und das „harmlose“ Kupfervitriol
Ein älterer Weinhauer aus Kleinhadersdorf erzählte, dass im Jahre 1946 ein Ochs (damals waren Ochsenfuhrwerke in der Landwirtschaft und auch im Weinbau keine Seltenheit), den man während der Frühstückszeit zum Grasen hinter das Presshaus geführt hatte, in die darunterliegende Kellerröhre durchgebrochen sei. Wie durch ein Wunder verletzte er sich dabei nicht und man konnte ihn mit zwei Pferden durch das Presshaus und die Kellertür wieder aus dieser misslichen Lage befreien.
Weiters erzählte er, dass man früher die Weingärten gegen alle möglichen Schädlinge mit Kupfervitriol gespritzt hat. „Des wor net wirklich giftig: amol hot a Pferd davon gsoffn und is net hin worn!“
Quelle: Kellergassenbeschreibung Kleinhadersdorf, Werner Lenk; kellergassenerlebnis.at

Eine lange Köllastund
Zwei Jäger aus Limberg waren einst zu einer Jagd in Burgschleinitz eingeladen. Auf ihrem Weg dorthin gingen sie durch die Straninger Kellergase, die „Viehtrift“. Dort trafen sie einen ihnen gut bekannten Weinhauer, der sie einlud den heurigen Wein zu verkosten. Es war sehr kalt und da sie noch genügend Zeit hatten, folgten sie gerne der Einladung des Hauers.
Im Keller verkosteten sie dann sämtliche Weine. Der Weinbauer hatte auch Brot, Wurst und Nüsse dabei und so vergingen die Stunden schnell. Es wurde über die Gemeindepolitik, die Regierung, das Wetter, und alles Mögliche diskutiert und die Zeit vergessen. Niemand hatte eine Uhr bei sich und im Keller bei Kerzenlicht konnte die Zeit auch nicht abgeschätzt werden.
Endlich beschlossen die zwei Waidmänner sich nun auf den Weg zu machen und nach Burgschleinitz weiterzugehen. Dort angekommen machten die Burgschleinzer Jagdkollegen große Augen. “Was wollt ihr beiden mit dem Gewehr bei uns?“ fragten sie die zwei Limberger. „Nun, wir sind zu eurer Treibjagd eingeladen“ erklärten die beiden. Da lachten die Burgschleinitzer und sagten: „Ihr seid zu spät, die Jagd war gestern“. So versäumten die beiden Jäger ganz einfach einen ganzen Tag in der Straninger Kellergasse, weil die „Köllastund“ länger gedauert hatte.
Quelle: Kellergassenbeschreibung Straning, Josef Greil; kellergassenerlebnis.at

Die vermeintliche „Ohrfeige“
„Köllamauna“ gab und gibt es noch immer in Föllim. Denn solange noch Keller bewirtschaftet werden, muss man nicht fürchten, dass diese aussterben. Folgende Geschichte erzählt man sich von den beiden Kellermännern, dem Leisser Sepp und dem Wagner Meister, den alle nur „Moasta“ nannten, der – wie er es nannte – „eine hantige Frau zu Hause“ hatte, die auch schon einmal eine Ohrfeige austeilte, wenn er es mit seinen Kellerausflügen übertrieb.
Die zwei Köllamauna verbrachten viele Stunden in ihren Kellern, oft gemeinsam, da ihre beiden Keller fast nebeneinander lagen. Da früher üblicherweise kein Wein zu Hause gelagert wurde, war es unumgänglich, mindestens einmal täglich mit dem Kellerzöger den Wein zu holen, der am nächsten Tag benötigt wurde. Als Jagdgenossen der örtlichen Jägerschaft hatten beide auch immer wieder viele Gespräche zu führen. Es war daher Gewohnheit, dass sich die beiden nach dem Standgehen (der Zeit auf dem Ansitz) in einem der beiden Keller trafen. Als es wieder einmal etwas später wurde, brachen sie so gegen Mitternacht nach Hause auf. Aufgrund der schlechten Sichtverhältnisse auf dem Hintausweg streifte der vorangehende Leisser Sepp den Ast eines Strauches, der in den Weg hineinragte. Prompt schnalzte dieser zurück und traf den hinter ihm gehenden Moasta mitten im Gesicht.
Dieser war ob seines Zustandes einigermaßen überrascht und meinte nur: „Uii – samma scho dahoam?“
Quelle: Kellergassenbeschreibung Föllim, Anton Leisser

„Guide Noacht Herr Pfoarra!“
Es kam vor, dass so eine lustige Kellerrunde mit dem beliebten, beleibten Ortspfarrer länger dauerte als vorgesehen. So mancher Teilnehmer war froh, nach Hause geführt worden zu sein. Mutter wartete an diesem Abend schon lange, ihrem Mann das Abendessen zu richten. Die sonst knarrende Tür blieb aber stumm. Schließlich ging sie zu Bett. An Schlafen war aber nicht zu denken. Spät in der Nacht vernahm sie ein Auto das vor der Haustür bzw. vor dem Schlafzimmerfenster stehenblieb. Mutter sprang auf, lief zum Fenster, schob den Vorhang leicht zur Seite und sah wie sich ihr Ehemann mit Mühe aus einem grünen VW-Käfer quälte. Vater verabschiedete sich noch für die Heimfuhr von dem Fahrer: „Guide Noacht Herr Pfarrer!“ Mutter war erleichtert, ihr Mann war zwar sehr, sehr spät dran, aber in guter Gesellschaft. Sie ging zu Bett, konnte bald einschlafen, Vater schlich so leise er noch konnte ins Bett. Er hatte keine Fragen zu beantworten.
Beim nächsten Mal war der Pfarrer nicht bei der Kellerrunde dabei, aber der Revierinspektor Karl B. hatte dasselbe Auto, einen grünen VW-Käfer, wie der Herr Pfarrer. Das brachte den Vater nach der zuletzt gemachten Erfahrung auf eine Idee. Der Gendarm übernahm diesmal in Vertretung des Pfarrers die Nachhausefahrt. Der Inspektor hielt seinen Wagen vor der Haustüre an, Vater war kaum ausgestiegen, die Bewegung des Vorhangs gerade noch zu sehen, mahnte dieser seinen Fahrgast: „no, wia sogt ma den?“, „Guide Noacht Herr Pfoarrer“, kam es zurück. Mutter hörte den Gruß, sah das grüne Auto, das musste wohl wieder der Pfarrer sein, so ein „Lump“. Mutter konnte wieder ruhig schlafen und Vater brauchte keine Fragen zu beantworten.
Quelle: Kellergassenbeschreibung Seefeld-Kadolz, Johann Huber; kellergassenerlebnis.at

Schneibeln
Eine alte Tradition war, den Wein zu „schneibeln“, damit er klar wird. Etwas Wein wurde aus dem Fass entnommen, eventuell gleich getrunken, und das Fass wurde mit frischem Schnee aufgefüllt. Dies wurde bei Hochdruck-Wetter gemacht. Dadurch klärte sich der Wein.
Quelle: Kellergassenbeschreibung Großebersdorf, Mag. Dr. Erich Siegl; kellergassenerlebnis.at

Köllamauna-Streiche
Ein Weinbauer verbrachte seine Zeit im Keller als ein heftiger Schneesturm einsetzte. Bevor er nach Hause ging schlug er noch schnell vor seiner Tür einen Stock ein, um am nächsten Morgen den Eingang leichter zu finden. In der Früh schaufelte er an der markierten Stelle einen Zugang und musste nach getaner Arbeit mit Verbitterung feststellen, dass das nicht sein Keller war. Der Nachbar hatte am Abend kurzerhand den Stecken versetzt und sich die schweißtreibende Schneeschauflerei erspart.
Quelle: Kellergassenbeschreibung Schrattenberg, Thomas Egger; kellergassenerlebnis.at

Sage: Der Tod und der Weinbauer
Eine Weinviertler Sage erzählt, dass ein Weinbauer den Tod in ein Weinfass sperrte, um diesem zu entrinnen. Als im Himmel das Fehlen des Todes schließlich auffiel, weil keine Menschen mehr starben, schickte man einen Engel, der den Tod schließlich fand und befreite. Der Tod aber machte seitdem einen großen Bogen um jenen Weinbauern und seit damals wandert dieser, vergebens den erlösenden Tod suchend, irrend durch das Weinviertel.
Quelle: kellergassenerlebnis.at

Köllaschließl als Vertrauensbeweis
Von je her war der Schlüssel zum Keller mit viel Symbolik behaftet. Den Schlüssel verwahrte immer der Herr im Haus, manchmal ging er sogar mit ihm ins Bett, damit nicht die Jugend an seinen Wein kommt. Ein wichtiger Vertrauensbeweis war und ist noch heute, einem Freund den Schlüssel zu überlassen. Wenn man von einem Weinviertler den Kellerschlüssel erhalten hat – hat man auf jeden Fall sein Vertrauen und seine Freundschaft gewonnen.
Quelle: Kellergassenbeschreibung Kleinhadersdorf, Karin Mewald; kellergassenerlebnis.at

Die Entdeckung des Weines und der Rebsorten
Einst weidete ein Halter seine Ziegen. Trotz seiner Aufmerksamkeit verschwand ein Bock und erst nach langem Suchen konnte er ihn wieder finden. Er war hinter einem Busch versteckt, wo er in aller Ruhe von merkwürdigen Beeren fraß. Nun wurde auch der Halter neugierig und kostete von den Beeren, die gar köstlich schmeckten. Er aß davon eine große Menge. Bald bekam er einen dicken Bauch, da die großen Mengen an Beeren in seinem Magen zu gären begannen. Bald jedoch spürte er auch arge Kopfschmerzen - der Ziegenhalter erlebte seinen ersten Rausch.
Diese Begebenheit wird heute noch als die Entdeckung der Weintraube gefeiert. Der Ziegenbock wird in Ehren gehalten und zur Zeit der Weinlese über und über mit Trauben behängt durch die Dörfer der Weinbauern gezogen; als Dank für die vergangene Ernte und mit der Bitte, daß die Ernte nächstes Jahr noch ertragreicher sein möge.
Quelle: Kellergassenbeschreibung Untermarkersdorf, Martha Drössler; kellergassenerlebnis.at

Wie die Weinstöcke ins Weinviertel kamen
Es begab sich einst in einem Weinviertler Dorf, dessen Namen heute niemand mehr kennt. Dort tauchte ein fahrender Händler auf, der auf seinem Wagen seltsame Pflanzen hatte, die er “Weinstöcke” nannte. Keiner im Ort hatte derartige Pflanzen je gesehen und keiner wusste damit etwas anzufangen. Doch die Bewohner waren freundlich zu ihm und dem Händler gefiel es derart gut in der Gegend, dass er sich niederließ und von hier aus seine Verkaufstouren unternahm.
In seinem Innenhof pflanzte er einige der Weinstöcke. Bald begannen sie zu treiben und zeigten auch winzige Blüten. Später reiften daraus Trauben, die im Spätsommer süß und glänzend wurden. Neugierig kosteten die Bauern davon und waren ganz erstaunt, wie gut die süßen Früchte schmeckten. Der eifrige Händler hatte aber so viele Trauben, dass er daraus Saft - den Most - machte. Nach heftigem Sprudeln und Wirbeln des Mostes, wobei er zunächst ganz trüb, dann staubig und erst zu Martini rein wurde, entstand ein gar köstliches Getränk, der Wein. Und der schmeckte den Bauern auch ganz besonders. Gerne kehrten sie beim Händler ein, um wenigstens ein wenig von dem Wein zu trinken. Bald bemerkten sie aber, dass zu viel Wein ganz dumm im Kopf machte, dass man nicht nur das Gleichgewicht, sondern sogar das Gedächtnis verlieren konnte.
Als nun ein schrecklicher Riese in das Land kam und von Haus zu Haus zog, wo er alles begehrte, dessen er habhaft werden konnte, gaben ihm die Bauern zunächst ihre Vorräte und dann schweren Herzens auch ihre Haustiere zu essen. Als er jedoch zu dem Haus des Händlers kam, gab ihm der kluge Mann gleich ein ganzes Fass Wein. Gierig trank der Riese es mit einem Zug aus. Doch ehe er abgesetzt hatte, spürte er auch schon die Wirkung des Weines zu Kopf steigen, er begann zu torkeln und fiel hin. Rasch eilten die anderen Bewohner herbei, fesselten ihn und trugen ihn mit vereinten Kräften fort.
Jetzt wollten alle Bauern von den Weinstöcken haben und selber Wein machen, für den Fall, dass wieder ein Riese käme. Der kluge Händler gab aber jedem Bauern andere Weinstöcke, und auf diese Weise entstanden die großen Weingartenflächen mit den verschiedensten Sorten im Weinviertel.
Quelle: Weinviertel in seinen Sagen

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